Eveline Hasler - Stürmische Jahre
Autorin: Eveline Hasler
Jahrgang: 1933
Nationalität: CH
Erscheinungsjahr: 2015
Verlag: Nagel und Kimche
Seiten: 224
Pro
Mit dem Roman «Stürmische Jahre» macht Eveline Hasler eine bislang spärlich ausgeleuchtete Zürcher Theaterbiographie fassbar. Vor dem historisch sauber recherchierten Hintergrund verwebt sie die persönliche Geschichte des Schauspielhaus Direktors Ferdinand Rieser mit den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg. Hasler zeigt auf, was politisches Theater tatsächlich bedeutet und dass dieses sich viel stärker neben als auf der Bühne abspielt. Das gezielte Engagement von Schauspielern , die im Nazi-Deutschland als unerwünscht galten, ja verfolgt worden waren sowie die finanzielle Unabhängigkeit von staatlichen Subventionen und politischer Beeinflussung stellen sich als Ursachen heraus für die später von andern eingeheimsten Lorbeeren, die dem «Pfauen» zur damaligen Zeit und stärker noch im Rückblick zuteil wurden. Mit einer Sprache, die Lust zum Lesen macht und vertrauten Orten als Identifikationsobjekte lässt Hasler eine unruhige Zeit aufleben, zeigt an uneinigen Familienverbänden die verschiedenen politischen Strömungen auf und begleitet die wechselvollen Beziehungen zwischen Staaten, die sich bald darauf bekämpfen werden. Mit all diesen Facetten schafft sie den Boden, auf welchem eine Figur lebendig wird, deren Schaffen und Wirken zulange im Schatten anderer und in einer bislang wenig beachteten Ecke der Geschichte stand. Hasler macht Ferdinand Rieser zu einer mutigen und eindrücklichen Persönlichkeit, vielleicht gerade deshalb, weil wenig Faszinierendes in ihr liegt. Berührend bleibt dieser Lebenslauf allemal.
Markus
Contra
Eveline Haslers Roman zeigt ausführlich die Geschehnisse rund um das Schauspielhaus unter der Führung von Ferdinand Rieser auf. Der Leser erhält etwa Einblicke in Thomas Manns Tagebuch, der dort seine Gefühlszustände über die Bühnenblockade seiner Tochter Erika festhält. Oder Riesers Tochter Mucki hat aufgrund einer schweren Kinderkrankheit immer wieder Atembeschwerden und wird zur Kur geschickt. Einerseits ist es interessant zu erfahren, dass die Menschen neben dem aufstrebenden Nationalsozialismus sich auch um schlicht alltägliche Dinge sorgten. Andererseits wird der Leser durch jeden Ausflug in den Alltag von der Haupthandlung abgelenkt, sodass irgendwann nicht mehr klar ist, ob das Schauspielhaus überhaupt den Mittelpunkt der Erzählung bildet. Es scheint, dass Hasler um eine Ganzaufnahme jener Zeit bemüht ist. Allerdings wäre dieser Ganzaufnahme auch ohne viele Details gelungen. Die Lust am Lesen nimmt nach wenigen Seiten ab, da der Haupterzählstrang durch die zahlreichen Beschreibungen vielerlei Nebengeschehnissen immer wieder unterbrochen wird.
Wibke