Frank Schätzing - Die Tyrannei des Schmetterlings
Buchtitel: Die Tyrannei des Schmetterlings
Autor: Frank Schätzing
Jahrgang: 1957
Nationalität: D
Erscheinungsjahr: 2018
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
Seiten: 728
Mit «Die Tyrannei des Schmetterlings» liefert der Bestsellerautor Frank Schätzing einen Roman, angesiedelt zwischen Thriller und Science-Fiction. Luther Opoku, ein ehemaliger Spitzenpolizist und Drogenjäger, ermittelt als Sheriff in einer Provinzgegend Kaliforniens nach dem mysteriösen Tod einer Frau, die in eine Schlucht gestürzt ist. Bald gelangen Luther und seine Kollegin Ruth auf die Spuren einer Hightech-Firma mit Geschäftsideen gigantischen Ausmasses. In einem Strudel von künstlicher Intelligenz, Parallelwelten und unterschiedlichen Sphären erleben Luther, Ruth und ihre Kollegen aus dem örtlichen Polizeidepartement Verfolgungsjagden durch Raum und Zeit. Im Kampf gegen das Böse gelingt es ihnen nur teilweise, den Überblick über die verschiedenen Ebenen zu wahren. Ob sie ihren Einsatz erfolgreich zu Ende führen?
Pro
«Die Tyrannei des Schmetterlings» ist ein typischer Schätzing. Wie auch in seinen früheren Büchern steht eine Form der Intelligenz im Zentrum des Geschehens. Dieses Mal geht es um die künstliche Intelligenz A.R.E.S., die den Zugang zu Paralleluniversen entdeckt. Auf der Jagd nach einem Mordverdächtigen landet Sheriff Luther Opoku in einem Parallenuniversum. Und die Parallelwelt wartet mit so manchem Pluspunkt auf, vor allem diesem: seine Ex-Frau ist immer noch am Leben.
Der Erzähler beschreibt uns sowohl das Äussere als auch das Innenleben der Figuren detailliert. Auch die Welt und die Atmosphäre, in der die Figuren agieren, werden bis zum Sonnenstrahl, der durch die Baumkrone bricht, geschildert. Dadurch gelingt eine gute Identifizierung mit den Figuren und dem Geschehen. Ein Film läuft während der Lektüre vor dem inneren Auge ab. Neben der packenden Handlung beschäftigt der Roman sich wie nebenbei mit Fragen der künstlichen Intelligenz und damit, wie die Menschen sie nutzen.
Was wäre, wenn wir in Paralleluniversen reisen könnten? Welchen Nutzen würden wir daraus ziehen? Und was würden wir tun, wenn die künstliche Intelligenz beginnt, uns zu beherrschen und zu manipulieren? Wie immer gelingt es Schätzing eine packende Story mit grossen Fragen und Denkanstössen zu verbinden.
Wibke
Contra
Schätzing hat mit seinem Neuling ein kleines Monstrum von 728 Seiten geschaffen. Mit schiefen Zähnen verbeisst es sich in die Wade des Lesers, der zunächst ganz gebannt durch die Seiten eilt und gespannt ist, was sich der Bestseller-Autor denn dieses Mal für ihn ausgedacht hat. Doch schon bald, nach weniger als einem Drittel, lässt die Spannung merklich nach und man erkennt, dass das Buch kein gefürchiges Monstrum ist, sondern eher wie ein niedliches Hündchen, das einen nur etwas am Hosenbein ziehen wollte und nun ohne Spuren zu hinterlassen davonwackelt.
Die Dystopie, von der das Buch erzählt, bleibt harmlos. Sie wirkt ziemlich behelfsmässig aus dem Fundus der populären Kultur und Wissenschaft zusammengeschustert: Man denkt an einen Wust von Wikipedia-Artikeln zu Künstlicher Intelligenz, Schwarzen Löchern und Ähnlichem, an die Fernsehserie „Black Mirror“, an die Zukunftsgeschichte „Homo Deus“ von Yuval Noah Harari – und dann taucht als Bösewichtin auch noch eine geheimnisvolle schwarze Frau namens Grace auf, die sich Schätzing offensichtlich von einem James Bond-Streifen aus den 1980ern geliehen hat.
Das knallt zwischendurch zwar ganz schön rein, wie ein Roland Emmerich-Blockbuster, das Buch ist wie diese insgesamt aber auch arg konstruiert und wenig raffiniert. Literarische Zartheit hatte man ja aber auch nicht erwartet.
Heinz