Franz Hohler - Das Päckchen
Buchtitel: Das Päckchen
Autor: Franz Hohler
Jahrgang: 1943
Nationalität: CH
Erscheinungsjahr: 2017
Verlag: Luchterhand (München)
Seiten: 222
Das neueste Werk
des Schweizer Kabarettisten, Liedermachers und Schriftstellers Franz Hohler handelt von einem geheimnisvollen Päckchen, das
via fehlgeleitetem Telefonanruf einer betagten Berner Dame in die Hände des
Bibliothekars Ernst gerät. Der Inhalt dieses Päckchens führt Ernst auf eine abenteuerliche
Reise durch fast die ganze Schweiz, in lichte Höhen und auf waghalsige Touren:
Es gilt das Geheimnis eines Buches – uralt, selten und unermesslich kostbar –
zu lüften. Dabei lernt Ernst komische Gestalten kennen, macht Bekanntschaft mit
der Polizei und vielleicht auch mit einem Geist. Durch das Buch begleitet ihn
seine Partnerin – und eine Parallelgeschichte rund um die Entstehung und den
Verbleib des sagenhaften Buches. Schritt um Schritt kommt Ernst dessen Herkunft
auf die Spur, legt sich mit Gaunern und den Naturgewalten an und findet sich
zuletzt in einem Happy End erster Hollywoodklasse wieder.
Markus
Pro
Haben Sie es auch schon erlebt, dass Sie an einem klingelnden öffentlichen Telefon vorbeigegangen sind? Was würde geschehen, wenn sie abnähmen? Franz Hohler ist genau dies passiert und diese Frage ist Ausgangspunkt seines neusten Buches: «Das Päckchen». Bei seinem Protagonisten Ernst überwiegt die Neugier und er geht ans Telefon. Was daraufhin passiert, konnte sich Ernst bestimmt nicht vorstellen. Mit viel Witz und spannenden Elementen erzählt Hohler die Geschichte von Ernst, wie dieser in den Besitz eines kostbaren Buches gelangt. In einem zweiten Erzählstrang ermöglicht Hohler Einblicke ins Mittelalter und erzählt, wie das kostbare Buch entstanden sein könnte. Die Tatsache, dass über die Entstehung dieses Buches kaum etwas bekannt ist, nutzt Hohler, um eine mögliches Leben des Schreibers zu schildern. Hohler möchte damit auf den Umgang mit Geschichte aufmerksam machen: «Sagen wir, es geht um den Respekt vor der damaligen Zeit. Das ist ein Motiv, das mich immer wieder beschäftigt. Viele Dinge, die heute passieren, haben mit früheren Geschichten zu tun, die niemand von uns erlebt hat […].» Und so verbindet Hohler das Leben von Heimo mit jenem von Ernst.Hohler erzählt auf unterhaltsame und spannende Art und Weise eine Geschichte, die hätte passieren können, wenn er damals den Telefonhörer abgenommen hätte. Sie ähnelt einem Tagtraum, wie Sie ihn vielleicht auch hätten, wenn Sie in der Situation von Hohler gewesen wären. Probieren Sie es aus: Lassen Sie Ihre Gedanken zu dieser Idee schweifen und vergleichen Sie sie dann mit der Geschichte von Hohler.
Wibke
Contra
Krimi, historischer Roman, Geistergeschichte, Beziehungsroman … Ja, was ist «Das Päckchen» eigentlich? Es ist ein bisschen von allem, aber nichts so richtig.
Die Beziehungsgeschichte:
Ernst und Christine, die man nach Hohlers Beschreibung als Ü-60 wähnt, sind in Tat und Wahrheit erst in den Vierzigern. Die beiden Figuren bleiben leblos, die Motivation für ihre Handlungen häufig rätselhaft, der Konflikt in ihrer Beziehung banal.
Die Geistergeschichte:
Damit die Erzählung nicht an einem toten Punkt auf der Berglihütte endet, ruft Hohler einen Geist zu Hilfe, der Ernst den entscheidenden Hinweis gibt. Wie das Auftauchen eines Geistes sind auch an anderer Stelle immer wieder ausserordentliche Ereignisse nötig, damit die Geschichte nicht stehenbleibt. Die innere Motivation der Figuren fehlt, also müssen äusserliche Treiber her.
Der historische Roman:
In einer parallelen Erzählung reist die Leserin mit dem schreibenden Mönch Haimo und seiner Freundin (!) von Deutschland nach Italien. Kitschig, historisch unrealistisch und erzähltechnisch unnötig webt Hohler diesen zweiten Erzählstrang in seine Geschichte von Ernst und Christine.
Der Krimi:
Ernst will um jedem Preis die Herkunft des alten Buchs aufdecken. Dafür bricht er mit den eigenen Prinzipien und macht sich alleine auf zur Berglihütte. Zwischen Jungfraujoch und Hütte entfaltet der Roman eine Kraft und einen Sog, der dem Rest des Textes leider abgeht. Hätte sich Hohler darauf beschränkt, eine Kriminalgeschichte zu schreiben, würde man das Buch wohl mit grösserem Vergnügen lesen.
Sara