Kurt Marti - Hannis Äpfel. Gedichte aus dem Nachlass.

Titel: Hannis Äpfel. Gedichte aus dem Nachlass.

Autor: Kurt Marti

Geburtsjahr: 1921

Nationalität: CH

Verlag: Wallstein Verlag

Seiten: 90

Wie der Untertitel des schmalen Bändchens «Hannis Äpfel» sagt, handelt es sich bei Kurt Martis Alterswerk um Materialien aus dem Nachlass. Das Buch wurde posthum im Rahmen des 100. Geburtstags des Schweizer Lyrikers und Pfarrers veröffentlicht. Herausgegeben wurden es von Guy Krneta, der auch eine erhellende editorische Notiz zu den Texten liefert. Neben einigen kürzeren Texten nimmt das Langgedicht «Hanni» fast die Hälfte des Buches ein. Begleitet und aufbereitet werden die Texte Martis neben Krnetas Ausführungen von einem Nachwort von Nora Gomringer.  

Tilena

 

Pro 

Zugegeben, bisher stand kein einziges Buch von Kurt Marti in meinem Regal. Das wird sich nach der Lektüre des Gedichtbands «Hannis Äpfel» ändern. Bemerkenswert, wie Marti hier die Trauer über den Verlust seiner Frau Hanni, mit der er 57 Jahre lang verheiratet war, in Sprache verwandelt, ohne die Spur indiskret zu sein. («Bei dir war ich gerne ich. / Jetzt aber und ohne dich? / Wär’ ich am liebsten / auch ohne mich.») Man braucht kein Kenner von Martis Werk zu sein, um zu bemerken, dass hinter den mal kurzen, mal langen, mitunter auch spielerisch-leichten Gedichten ein ganzer Kosmos aus Lebenserfahrung und Empfindsamkeit liegt.

«Unbeschwert / von welt und zeit / bist du nur noch / – leichtigkeit.» endet das zweistrophige Friedhofliedlein. Wenn solche Texte unter die B-Sides und Rarities in Martis Oeuvre fallen, die zu seinen Lebzeiten nicht der Veröffentlichung wert befunden wurden, will ich erst recht auch die A-Sides und Hits lesen und mich auf deren Klang einlassen. In meinem Regal steht der Band «Hannis Äpfel» nun neben Gerhard Meiers «Ob die Granatbäume blühen», ein anderes zauberhaftes Buch, das im Andenken an die Lebensliebe verfasst wurde.

Heinz


Contra

Die Schwierigkeit den Gedichtband «Hannis Äpfel» zu besprechen, liegt in der übergrossen persönlichen Nähe des Autors zu seinem Werk begründet. Es fühlt sich nämlich etwas deplatziert an, über eine Sammlung zu schreiben, die ein erst vor wenigen Jahren verstorbener Mensch für seine langjährige Gefährtin verfasst und zu seinen Lebzeiten nicht oder nur teilweise veröffentlicht hatte. Diese «Gedichte aus dem Nachlass» halten insgesamt nicht, was sie versprechen. Es handelt sich dabei zwar um formal abgeschlossene Gedichte, sie wirken jedoch viel eher wie Skizzen, etwas unfertig, nicht unschön, gleichzeitig auch nicht die hohe Kunst. War es tatsächlich notwendig, die Gedichte in dieser Form öffentlich zu machen? Verlieren sie nicht gerade dadurch ihren eigentlichen Reiz? Nur wegen dem gelungenen Nachwort und der editorischen Notiz zumindest braucht man sich dieses Büchlein nicht zu leisten. Vorübergehend mag einen ein kurzes Gedicht zu begeistern; es verschwimmt dann aber im Rest, der von recht unterschiedlicher Qualität ist. Weniger ist mehr, und hier wäre vielleicht «nichts» mehr gewesen. 

Markus