Michael Theurillat - Wetterschmöcker
Buchtitel: Wetterschmöcker
Autor: Theurillat Michael
Jahrgang: 1961
Nationalität: CH
Erscheinungsjahr: 2016
Verlag: Ullstein
Seiten: 347
Mit dem Buch «Wetterschmöcker» legt Michael Theurillat seinen fünften Kriminalroman vor. Protagonist ist Kommissar Eschenbach, der in einem Geflecht von Beziehungsdelikten ermitteln muss. Die Handlungsorte reichen dabei von Zürich über Zug und Muotathal bis nach Bivio. Der etwas mysteriöse Tod einer Geschäftsfrau aus der Rohstoffbranche bringt deren Onkel zu Eschenbach, der sich daraufhin der Sache annimmt und persönlich bis ans Limit gefordert wird. Er bekommt es mit einem verschworenen Freundes- und Familienzirkel zu tun, der ihn in die tiefsten Höhlen des Menschlichen führt und in grosse Gefahr bringt. Eschenbach darf sich in diesem Roman verlieben, Freundschaften pflegen, kochen und sich bekochen lassen, eigensinnig Auto fahren, sich über Vorgesetzte und Strukturen ereifern, überforderter Familienvater sein und ganz nebenbei einen hochkomplexen Fall lösen.
Pro
Michael Theurillat führt uns mit seinem neuen Kriminalroman in die Innerschweiz. Als Leser freut man sich, die Tatorte wiederzuerkennen und fühlt sich mit den Personen vertraut. Diese Identifikation wird durch die Stereotype des Schweizers und der Schweizerin verstärkt, die in diesem Krimi auftauchen und die Handlung tragen. Dieses Heimlige und Vertraute wird auch durch die Beleuchtung von Eschenbachs Privatleben intensiviert. Theurillat führt dem Leser das Alltagsleben eines Kommissars vor Augen, der mitten im Beruf steht und auch private Themen wie das Liebeschaos seiner Tochter meistert. Natürlich fehlt auch das eigene Liebeschaos nicht: Eschenbach verliebt sich Hals über Kopf in die Psychologin des Mordopfers, die gleichzeitig auch die Psychologieprofessorin seiner Tochter ist. Wie sich später herausstellt, ist auch sie Teil jener Wirtschaftsstrategie, die im Muothatal von einem selbst ernannten Wetterschmöcker aufgebaut wurde. Eine verzwickte Angelegenheit. Gekonnt wechselt Theurillat zwischen dem aktuellen. Geschehen und der Retrospektive eines der Kinder – mittlerweile ein berühmter Unternehmensberater - aus dem Muotathal, welches die Hintergründe der aktuellen Geschehnisse erklärt. Mithilfe dieses Wechselspiels wird eine Spannung aufgebaut, aufgrund derer man kaum das Buch aus der Hand legen möchte. Dem Leser werden nach und nach Puzzleteile vorgelegt, wodurch man gleichsam zur Assistentin des Kommissars wird. Nur, dass man aufgrund der Aussenperspektive bereits lange vor ihm den Täter entlarvt. Theurillat ist ein spannender Wirtschaftskrimi mit Schweizbezug gelungen, der Lust auf mehr Fälle des Kommissars Eschenbach macht.
Wibke
Contra
«Wetterschmöcker» heisst das Buch. Das Cover zeigt ein Ölfass mit Schweizerkreuz. Auf dem Klappentext lesen wir von Zuger «Glaspalästen der Macht», von «Naturmenschen» in Muotathal und einem am Tatort zurückgelassenen Edelweiss. Das ist etwas gar viel Schweiz-Klischee auf engem Raum, aber noch nicht das eigentliche Problem. Schon eher ein Problem ist, dass Titel, Cover und Klappentext einen Kriminalroman versprechen, den der Autor Michael Theurillat so gar nicht geschrieben hat. Im Buch geht es weder ernsthaft um Muotathaler Wetterpropheten noch um die Machenschaften Schweizer Rohstoffkonzerne. Theurillat bedient in seinem Roman vielmehr die populären Themen der Zeit. Ach, die Wetterschmöcken in ihrem Tal hinten, ach die geldgierigen Grosskonzerne, ach die Kesb. «Verbrechen heisst ja auch, dass etwas bricht», sagte Theurillat neulich in einem Interview zur Berner Zeitung und versuchte so seine Kriminalromane zu charakterisieren. In seinem neuen Buch bricht aber kaum etwas. Der Roman fliesst vielmehr; von Schauplatz zu Schauplatz, von Kulisse zu Kulisse, von Zürich, durchs Sihltal nach Zug und ins Muotathal. Das hat alles hohen Wiedererkennungswert und viele Leser freuen sich wahrscheinlich, die Handlungsorte aus eigener Anschauung zu kennen. Das liest sich gut und ist bisweilen auch ein wenig seicht. Schlimm ist das alles nicht. Aber auch nicht sehr aufregend.
Heinz