Pedro Lenz - Di schöni Fanny

Buchtitel: Di schöni Fanny

Autor: Pedro Lenz

Jahrgang: 1965

Nationalität: CH

Erscheinungsjahr: 2017

Verlag: Cosmos Verlag

Seiten: 182


Fragt man Jackpot, was er von Beruf sei, antwortet er stets: Schriftsteller. Es steht zwar noch kein Buch von ihm im Regal, aber die Idee für einen Roman hat er bereits in seinem Kopf zurechtgelegt und muss sie nur noch niederschreiben. Seine Hauptbeschäftigungen setzen sich zusammen aus der Pflege seiner Freundschaften zu den Malern Louis und Grunz sowie der Gewährleistung der Umsätze der Oltner Beizen. Letzteres kann er dank regelmässigen Finanzspritzen seines Bruders, der bei einem Pharmaunternehmen in Basel eine wichtige Position innehat. Als Jackpot Fanny begegnet, geht er einer neuen Hauptbeschäftigung nach: Alles über Fanny rausfinden und mit ihr anbandeln. Fanny bringt neuen Wind in Jackpots Leben. Bald muss er aber einsehen, dass er eigentlich nichts über die Vergangenheit seiner Freunde weiss. Eifersüchtig auf seine Freunde und vernebelt von der schönen Fanny nimmt sein Roman Gestalt an. Pedro Lenz neustes Werk endet schliesslich in einer Buchhandlung: Jackpot liest aus seinem frisch veröffentlichen Buch, seine Freunde sitzen im Publikum und freuen sich für ihn. Ob Fanny auch im Publikum sitzt?


Pro

Pedro Lenz schafft in seinem neuesten Roman mit dem Schriftsteller Jackpot, den Kunstmalern Grunz und Louis drei Oltner Charaktere, die man gut und gerne nebenan in der Bar oder im Restaurant beim gemütlichen Zusammensitzen treffen könnte und auch möchte. Der Ich-Erzähler Jackpot erzählt uns eine einfache Grundgeschichte, die von drei Freunden und ihrer Beziehung zu einer schönen Frau handelt. In selbstironischer und origineller Art nimmt uns Pedro Lenz mit in sein Milieu und lässt uns intim teilhaben am Leben der drei Künstlerfreunde, das von der jungen und anmutigen Kunststudentin Fanny ordentlich durcheinander gewirbelt wird. Die Schönheit des Buches besteht in seiner authentischen Sprache: Lenz’ geschriebene Mundart schafft eine Nähe zu den Figuren, zu den Orten und zur Geschichte, die jeder erlebt haben könnte. Wem würden beim mehrfach verwendeten Wort «Bettschwäri» nicht gleich die Augendeckel zuklappen? Und wem, wenn Lenz von Fanny schreibt, sie hätte «Ouge wi nes Chaubli», nicht das Herz höher schlagen? Das Buch erfordert zu Beginn zwar eine gewisse Kondition und Ausdauer, sobald der Leser allerdings in den Takt des Erzählers gefunden hat, läuft er im gleichmässigen Rhythmus in Jackpots Leben mit. Die Geschichte und die Sprache sind stimmig. Beide wirken nicht gesucht und verbinden sich auf literarisch eingängige, aber qualitativ gute Art und Weise. Das originelle Ende rundet eine Geschichte ab, welche dem kritischen Urteil als sympathische Milieustudie voller Sehnsuchtsorte standhält.

Markus


Contra

Pedro Lenz ist Pedro Lenz. Ein Schriftsteller mit Anspruch. Wenn Pedro Lenz eine Liebesgeschichte schreibt, dann soll das nicht bloss eine Liebesgeschichte sein. Im Roman «Di schöni Fanny» ist der einfache Plot - junge Frau tritt in das Leben dreier Freunde - nur der Vordergrund. Hintergründig soll es um Männerfreundschaften, Kunst, Literatur und das Leben in der Provinz gehen. Anders als in seinem Erstling «Dr Goalie bin ig» sind die Protagonisten - der Schriftsteller Jackpot und die Kunststudentin Fanny, daneben die Künstler Grunz und Louis–keine Verlierertypen. Alle haben mit dem, was sie tun mehr oder weniger Erfolg. Jackpot gelingt es nach einigen Wirren sogar, die schöne Fanny zu erobern. Zumindest vorübergehend. Das ist alles behaglich.Fast bekommt man Lust, demnächst einmal in Olten aus dem Zug steigen und ein wenig Oltner Künstlerluft zu schnuppern. Denn man folgt Jackpot gerne von Kaffee, zu Wein, zu Gebranntem–und einmal sogar zu einem Ausflug mit seiner Angebeteten im roten Jaguar. Auch die manchmal etwas aufdringlichen und wenig hintergründigen kulturkritischen Einsprengsel können die sich allmählich einstellenden Bande der Sympathie zur Hauptfigur nicht kappen. Seinen Erfolg mit dem Erstling mag man ihmschliesslich ein wenig gönnen. Auch, dass Fanny bei der Buchvernissage in einer blauen Jeansjacke im Publikum sitzt und ihm zublinzelt ist ganz ok.

Heinz