Robert Seethaler - Das Feld
Titel: Das Feld
Autor: Robert Seethaler
Jahrgang: 1966
Nationalität: A
Verlag: Hanser Verlag
Seiten: 240
„Das Feld“, so nennen die Einwohner von Paulstadt liebevoll ihren Friedhof. Denn dieser war viele Jahre vorher buchstäblich dies: ein Feld. Sein Eigentümer, ein Bauer aus der Kleinstadt, verkaufte es für viel Geld, wissend, dass es nichts taugt. Doch schafften es die Bauherren, genau dort ein Einkaufszentrum hinzustellen, das in sich zusammenstürzte und viele Menschen unter sich begrub.
Robert Seethalers neuster Roman lässt die Toten zu Wort kommen, die auf diesem Friedhof begraben liegen. Dabei steht die Frage im Vordergrund: Was würden die Toten wohl erzählen, wenn sie sprechen könnten? Heraus kommen individuelle Geschichten, die verzaubern und zeigen, dass das, was einem im Leben als wichtig erscheint, total unterschiedlich sein kann. Alle Geschichten sind irgendwie miteinander verbunden, wodurch ein Art Gewebe, ja eine Kleinstadt entsteht.
Pro
Ein Friedhof – Ort der Ruhe und Stille, des Gedenkens und der Einkehr. Nicht so bei Robert Seethaler. Unter seinem «Feld» sind die Erzähler quicklebendig, herrschen das Zwiegespräch und manchmal auch die Geschwätzigkeit. Niemals jedoch überkommt einen als Friedhofsbesucher und Leser die Langeweile. Die «zauberhafte Leichtigkeit seines Schreibens», wie es auf dem Buchdeckel heisst, braucht eigentlich an dieser Stelle nicht noch bemüht zu werden – aber Seethaler kann sie auch in dieser Form, in einzelnen Kurzgeschichten. Die Einzelmasken webt er nach und nach zu einem Ganzen, gleichzeitig hat jede ihr «Etwas», das einen erfasst und berührt, weil man es selbst erlebt, gedacht oder gefühlt hat. Man kann sich fragen, wann die Geschichten spielen, wo die Figuren begraben sind oder was Wahrheit und was Fiktion ist. Seethaler bietet dafür allemal interessante Ansätze. Und doch ist das alles nicht so wichtig, weil es aufgeht, weil es rund wird, schön und gar nicht kitschig oder verklärt. Einfach so wie es war, wie es sein müsste und sein darf. Ein ganzes Buch und ein ganzes Leben eben.
Markus
Contra
Was würde ein Mensch im Grab liegend über sein Leben erzählen? Dieser interessanten philosophischen Frage geht Robert Seethaler in «Das Feld» nach. Was vielversprechend klingt, wird in etlichen Geschichten durchdekliniert. Diese sind leicht und unterhaltend geschrieben. Leider ergeben die sprachliche Leichtigkeit und die Kürze kleine Miniaturen, die nur flüchtig in Erinnerung bleiben. So verliert man als Leserin nicht nur schnell den Überblick, sondern auch die Lust, noch eine und noch eine Erzählung zu lesen. Vergeblich hofft man darauf, dass das Mosaik an Erzählungen bis zum Schluss doch noch ein ganzes Bild ergibt. Der Eindruck von «Das Feld» bleibt bruchstückhaft, der Roman ist eine kurze Unterhaltung ohne Nachhall.
Sara